
SCHLITZ/RIMBACH. Paukenschlag im Schlitzerland: Wie die Stadt Schlitz heute überraschend mitteilte, wird ein geplantes Gewerbegebiet bei Rimbach nun doch nicht gebaut. Das Projekt hätte zu einem nächtlichen Fluss hunderter LKW durch kleine Dörfer geführt. Die Anwohner bereiteten bis gestern den Widerstand vor – doch das ist nun hinfällig.
Max Zeidler kann es gar nicht fassen, als er die Nachricht am Telefon übermittelt bekommt. „Nein, wie geil ist das denn? Ich mache Luftsprünge!“, sagt er. Noch bis gestern war der 25-jährige Student aus Unter-Wegfurth damit beschäftigt, eine Bürgerinitiative ins Leben zu rufen. Die Flyer für den Gründungsabend sind schon bestellt – und werden jetzt nicht mehr gebraucht.
Überraschend teilte die Stadt Schlitz am Freitagmittag in einer Pressemitteilung mit, dass das angestrebte Projekt eines Gewerbegebiets am nördlichen Ortsrand von Rimbach nicht mehr verfolgt werde. Ginge es nach dem Bürgermeister Hans-Jürgen Schäfer, hätte dort ein großer deutscher Logistiker einen zentralen Umschlagsplatz errichten sollen. In der Folge wären nachts gut 150 LKW in beide Richtungen durch die kleinen Ortschaften des Schlitzer Untergrundes gefahren. Genau dagegen formierte sich allerdings der Protest der Anwohner.

„Ich mache Luftsprünge“: Max Zeidler hatte gerade damit begonnen, den Protest gegen das Industriegebiet zu organisieren. Doch der ist jetzt hinfällig.
Ein Abwägen von Vor- und Nachteilen
In seiner Pressemitteilung bedauerte CDU-Bürgermeister Hans-Jürgen Schäfer, dass das Projekt nicht zu Stande komme. Der Rathauschef sei nach intensiven Beratungen mit den Fraktionsspitzen und dem Abwägen der Vor- und Nachteile zu dem Entschluss gekommen, das Vorhaben sein zu lassen.
Auf der einen Seite, so heißt es in der Erklärung, hätten durch die millionenschwere Investition gut 80 neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Außerdem hätte das Projekt „dauerhafte erhebliche Gewerbesteuereinnahmen“ bringen können. Eine Nachfrage von Oberhessen-live nach der genauen Höhe dieser Einnahmen ließ die Stadt unbeantwortet.
Auf der anderen Seite seien gut 300 LKW-Bewegungen von den Menschen zu ertragen. Zudem könnte der viele Verkehr die Häuser, die dicht an der Straße gebaut sind, beschädigen. Und nicht zu vergessen: es könnte ein „anderes von Gebäuden geprägtes Landschaftsbild“ entstehen.
Bissige Worte seitens der Stadt
Mit recht bissigen Worten nimmt die Stadt am Ende ihrer Erklärung Bezug auf den sich formierenden Protest. So heißt es beispielsweise: „Die auf die persönlichen Bequemlichkeiten und Komfortabilität eher egoistisch ausgerichteten Argumente haben bei der Entscheidungsfindung eine untergeordnete Rolle gespielt.“ Als bittere Erkenntnis bleibe, „dass offensichtlich für die Allgemeinheit sinnvolle Infrastrukturinvestitionen heutzutage nicht mehr durchzusetzen sind“.
„Das klingt eher nach unserem Bürgermeister“, sagt Jürgen Schrödl. Doch seinen Seitenhieb könne dieser gerne haben. „Ich kann kaum glauben, dass es vorbei ist“, sagt der Betriebsschlosser, der in einem Fachwerkhaus mit blauen Balken direkt am Ortseingang von Unter-Wegfurth. Seine Frau Dagmar und er hatten Protestschilder in der Nähe ihres Hauses angebracht, fürchteten um ihren nächtlichen Schlaf, fühlten sich als „einfache Dorfbewohner“ übergangen. Dass der Kampf jetzt vorbei ist, bevor er überhaupt begonnen hat, können beide kaum fassen. „Das ist echt sicher soll man das glauben?“ fragt Dagmar Schrödl verblüfft nach, als sie vom Reporter von der Nachricht erfährt.

Sind erleichtert, dass das Gewebegebiet nicht kommt: Jürgen und Dagmar Schrödl aus Unter-Wegfurth neben einem ihrer Protestschilder. (Das Bild wurde vor dem Bekanntwerden der Entscheidung aufgenommen).
Die betreffende Firma reagierte indes anscheinend enttäuscht über die Entscheidung. Die Stadt Schlitz zitiert sie in ihrer Mitteilung mit den Worten: „Wo wir nicht willkommen sind, werden wir auch nicht hingehen.“
Erstellt von der OL-Redaktion
Der Beitrag Rimbach: Schlitz lässt Pläne für Gewerbegebiet fallen erschien zuerst auf Oberhessen-Live.